IDe Master / MA

Designwissenschaft 2

Prof.in Dr. Annika Frye

Dienstag 12:45-14:15
Start: 17.10.17 14:30

Seminar Industriedesign / L.03.01   Raumfinder


Beschreibung:

KONZEPTE DES INTERFACE

Ein emphatisches und im Design inzwischen gängiges Verständnis von »Interface« betont, dass Interfaces sich nicht allein auf Oberflächen, etwa auf die Oberfläche eines Bildschirms reduzieren lassen. Vielmehr besitzen auch Gegenstände des täglichen Gebrauchs, etwa eine Schere, eine »Schnittstelle«. Eine Schere ermöglicht hier aufgrund ihrer Form und aufgrund ihrer Struktur die Benutzung als Schere (Bonsiepe 1993). Die materielle Umsetzung und konkrete Form des Scherengriffs bestimmen dabei wesentlich unsere Interaktion mit dem Produkt. Dennoch wäre es ein Missverständnis, allein den Scherengriff selbst schon als das Interface zu verstehen (dies wäre ein ebenso verkürztes Verständnis von Interface wie dessen Reduktion auf die Oberfläche, weil dieses Verständnis auf die ergonomische Form der Schere reduziert ist). Das Interface scheint vielmehr einen Zusammenhang herzustellen zwischen dem Objekt und dem Benutzer. Der Gestalter bestimmt hierbei diejenigen Aspekte eines Objekts, die es dem Nutzer zugänglich machen. So argumentierte der Designwissenschaftler Gui Bonsiepe bereits in den 1990er Jahren, »[...] daß das Interface nicht eine Sache ist, sondern die Dimension, in der die Interaktion zwischen Körper, Werkzeug (Artefakt, sowohl dingliches wie zeichengebundenes Artefakt) und Handlungsziel gegliedert wird. [...] Das Interface erschließt den Werkzeugcharakter von Objekten und den Informationsgehalt von Daten. [...] Interface macht aus bloßer Vorhandenheit – in heideggerscher Terminologie – Zuhandenheit.« (Bonsiepe 1993, S. 20). Zuhandenheit (also die Nutzbarkeit eines Gegenstandes im weitesten Sinne) ist, um hier auch auf die besondere materielle Bedingtheit des Interfaces zu verweisen, bei Heidegger typischerweise in der Werkstatt zu finden. Am Beispiel eines Hammers zeigt Heidegger, dass sich Dinge uns erst in ihrem Gebrauch und damit in der Interaktion erschließen. Wo aber finden sich im Design jenseits des klassischen aktuelle Beispiele und Konzeptionen für diese ! Zuhanden heit?

Für ein weitergehendes Verständnis des Interfaces ist es unumgänglich zu verstehen, dass die Verschmelzung des digitalen und Analogen zu einer »neuen Materialität« (Antoine Picon) beziehungsweise zu einer »Kultur der Digitalität« geführt haben (Felix Stalder). Diese neue, postdigitale Materialität führt nicht nur zu neuen Formen der Modellbildung im Prototyping, sie erzeugt auch neue Formen der Interaktion und ist eingelassen in eine kulturelle Verschiebung, deren Anfänge insbesondere Felix Stalder noch vor der technischen Veränderung mit der Digitalisierung zusammenhängen.

Parallel zum Seminar wird in diesem Semester auch eine Vortragsreihe zum Thema postdigitale Materialität stattfinden (jeweils Mittwochsabends im November).

Es wird diesmal einen Reader geben, in dem alle Texte gebündelt zugänglich gemacht werden:

1. Gui Bonsiepe: Interface. Design neu begreifen.
2. Die »Zeuganalyse« von Heidegger
3. Timo Kaerlein: Die Welt als Interface. Über Gestenbasierte Interaktionen mit vernetzten Objekten (in transcript-Band: Internet der Dinge.)
4. Alexander Galloway: The Interface Effect (2 Sitzungen)
5. David Rose: Enchanted Objects
6. Felix Stalder: Kultur der Digitalität (2 Sitzungen)
7. Klaus Krippendorff: The Semantic Turn / Die semantische Wende und eventuell Herbert Simon
8. Claudia Mareis: tbd.
9. Dagmar Steffen: Produktsprache (?) -> Anzeichenfunktion, Symbolfunktion, Praktische Funktion
10. Norbert Schmitz (Hg.): Bild und Interface. Zur sinnlichen Wahrnehmung digitaler Visualität.
11. Bruno Latour: Der Berliner Schlüssel.


Bemerkungen:

2 CPS: Regelmäßige Teilnahme, die insbesondere durch einen Essay sichtbar wird. Die Essay-Aufgabe wird zur Semestermitte gestellt.

3 CPS: Regelmäßige Teilnahme, Essay und Hausarbeit, die bis Semesterende geschrieben wird.


INCOM Workspace:

mkh.incom.org/workspace/3603


Credits: 2 / 3


Mögliche Module


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